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Guarda

Graubünden: Winterzauber im Schweizer Bergdorf Guarda

 

Guarda

 

Eines der schönsten Dörfer der Schweiz liegt auf einer sonnigen, felsigen Terrasse des Unterengadins und begeistert mit Ursprünglichkeit, Hausmalereien und Sgraffiti 

 

Von Gerd Krauskopf 

 

Wie die Zacken einer Krone recken sich die Gipfel der Unterengadiner Dolomiten im größten Schweizer Nationalpark dem Himmel entgegen. Luigi, Marco und Valerio stehen hoch über dem Tal des noch jungen Inn. Mit Rucksäcken und Tourenski auf den Rücken sind sie die enge Serpentinenstraße vom Bahnhof aus dem Tal nach Guarda hinaufgestiegen und haben auf Guarda1653 Meter Höhe die sonnige Südseite des Hochplateaus erreicht. Alle drei stammen aus Südtirol und reisten mit der Rhätischen Bahn an. Während Marco und Valerio weiter den Berg hochwandern, legt Luigi erst einmal eine kleine Rast ein.

 

Er erzählt, dass die Bergsteigerfreunde heute noch gute zweieinhalb Stunden durchs Val Tuoi hinauf zur Berghütte Chamonna Tuoi auf 2250 Meter Höhe gehen wollen. Über den Ochsentaler Gletscher wollen sie als Ziel den Piz Buin, mit 3312 Metern höchster Berg GuardaVorarlbergs, bezwingen. Dafür haben die drei erfahrenen Bergsteiger ihre Spezialausrüstung wie Gurt, Steigeisen und Helm dabei. Als Luigi von der dann bevorstehenden Abfahrt von diesem majestätischen Berg im Tiefschnee schwärmt, glänzen seine Augen und die Freude auf traumhafte Schwünge im Pulverschnee hinunter nach Klosters ist ihm anzusehen.

 

Bevor er jedoch loszieht, genießt er die Sonne und klare Bergluft auf der nächsten Bank, die wie hier üblich – mit einem kleinen Besen zum Freifegen bestückt ist. Dann steigt er mit seinen GuardaBrettern mit Steigfell den steilen Berg mit Leichtigkeit hinauf. Von dieser Winterwunderwelt bekommen Alpinskifahrer in den oft aus allen Nähten platzenden Touristenhochburgen wenig mit. Doch immer mehr Urlauber wollen die wichtigsten Urlaubstage gern ohne Skibrille und Pistenstress genießen. So kommen sie hoch nach Guarda zum Langlaufen, für Berg- und Skitouren zum Schneeschuhwandern und Eisstockschießen. Das wunderschöne Engadiner GuardaDorf ist der Inbegriff eines sanften Wintertourismus. Und wer zwischendurch mal etwas Skizirkus möchte, dem bietet das 16 Kilometer – oder drei Stationen mit der Rhätischen Bahn – entfernte Skigebiet Scuol alle sportlichen Möglichkeiten. 

 

Guarda, dieser fast 200 Seelen zählende Ort in der Gemeinde Scuol, ist stolz auf sein kleines, homogenes Dorf mit der schmucken Kirche in seiner Mitte. Maria Meier, Fremdenführerin dieses wunderschönen Ortes, bringt den Gästen dieses prächtige Kleinod näher, das mit vielen Guardarenommierten Preisen versehen ist und dessen schützenswertes Ortsbild von nationaler Bedeutung ist. „1991 wurde es sogar als zweitschönste, selbstständig funktionierende Ortschaft von Europa gekürt. Guardas Dorfbild ist so einzigartig, weil es im Gegensatz zu anderen Unterengadiner Dörfern von großen Dorfbränden verschont wurde“, erklärt sie mit Stolz. Diese prächtigen Engadiner Häuser strahlen Ruhe und Schönheit, Stolz und Faszination aus. 

 

Fast alle Hauswände sind bemalt oder mit Sgraffiti – mal floral oder mit Tierfiguren – geschmückt, die in verschiedenfarbige Putzschichten gekratzt wurden und sehr fotogen sind. Die geschnitzten und verzierten Holztore sind so breit, dass vollgepackte Heuwagen einst hindurchfahren konnten. Die Keller dienten als Stall für Kühe und Schafe. Die Wärme der Tiere Guardaund der Misthaufen war die „Fußbodenheizung“ für die darüber liegende Wohnung. Auffallend sind die tiefliegenden, trichterförmig kleinen Fensternischen und die Erker, aus deren Fenster die Frauen die Brunnen gut im Blick hatten, an denen das Vieh getränkt und die Wäsche gewaschen wurde. Durch die Erkerfenster konnten die Frauen sehen, mit wem sie am Brunnen ein Schwätzchen halten wollten. 

 

Bis zum Bau der Talstraße von 1862 bis 1865 verlief die mittelalterliche Handelsstraße zwischen dem Comer See und Innsbruck durch das Engadin und erreichte in Guarda einen der höchsten Punkte. Die Ochsen- und Pferdegespanne rollten über das Kopfsteinpflaster und waren bepackt mit Salz aus Tirol oder Lärchenholz für den Geigenbau in Italien und Frankreich.  GuardaIm Gegenzug rollten Gespanne mit Wein, Getreide und Gewürzen durchs Dorf. Auch heute noch meint man beim Besuch einer Ostaria, die Zeit wäre stehengeblieben, wenn in der alten, mit Zirbenholz getäfelten Stube munter das Kaminfeuer lodert, sich Einheimische ihre dampfende Gerstensuppe schmecken lassen und sich dabei auf Rätoromanisch unterhalten.

 

Das kleine, verwunschene Unterengadiner Dorf ist aber auch im Herzen vieler Kinder – nicht nur in der Schweiz – tief verwurzelt. In dem Buch von Selina Chöoz mit wunderschönen Zeichnungen des Künstlers Alois Carigiet, das in 20 Sprachen übersetzt auf dem Markt ist, wird der kleine Schellen-Ursli zum großen Helden. Der kann sich nicht damit abfinden, dass er mit einer kleinen Glocke am Chalandamarz, dem Austreiben des Winters um den 1. März, in der Kindergruppe am Schluss gehen muss. So steigt er unter großer Gefahr bei Nacht und Nebel zu einer Hütte auf, weil dort eine große Glocke vorhanden ist. 

Guarda 

Seine Eltern und das ganze Dorf machen sich große Sorgen und suchen ihn. Die Geschichte geht gut aus: Mit großer Glocke kommt er zurück und darf die Kinderschar anführen. Und da die Geschichte solch einen Erfolg hatte, wurde sie vom Schweizer Oscar-Preisträger Xavier Koller verfilmt. Und während Gäste in dem Buch blättern und den Film vom Schellen-Ursli vor dem geistigen Auge ablaufen lassen, während sich der Himmel von der untergehenden Sonne über den grandiosen, faszinierenden und unberührten Unterengadiner Dolomiten auf der anderen Talseite rot färbt, wissen sie genau, dass man wiederkommen wird.

 

Weitere Informationen: 

 

Anreise mit dem Zug: Von Zürich nach Landquart, weiter mit der Rhätischen Bahn bis Guarda. Der Postbus bringt die Gäste von der Bahnstation hinauf nach Guarda.

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Anreise mit dem Auto: Zum Beispiel von München oder Konstanz nach Landeck, Pfunds, Vinadi, Scuol, Guarda ca. 240 km. 

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Hoteltipp: Meisser Resort, Dorfstr. 42, 7545 Guarda, Schweiz; Übernachtung mit Frühstück ab 180 SFr für 2 Personen pro Nacht. HP bei Vorbuchung 40 SFr, bei Ankunft 68 SFr, Tel. 004181/8622132, www.hotel-meisser.ch 

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Weitere Informationen: Gäste-Info Scuol, Tel.004181/8612222, www.scuol.ch und www.engadin.com.

Scoul

 

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