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Grönland

 Grönland: Eine Schiffsreise zu den Kathedralen aus Eis und Nordmeer

Grönland 

Rund ums Nordmeer faszinieren Robben und Buckelwale in der Diskobucht, der Einblick in das Leben der Inuit und Bier aus Grönlandeis nach deutscher Braukunst

 

Von Gerd Krauskopf

 

Die Szene im Westen von Grönland ist unvergleichlich friedlich. Die Luft in der Diskobucht kristallklar, kalt und Stille breitet sich aus inmitten des herbstlich sonnenhellen Wassers. Träge liegen die mächtigen, eisstarrenden Flanken der einstigen Polkappen — die Kathedralen des Nordmeers — eng aneinandergeschmiegt im Wasser. Diese mächtigen, bis zu tausend Meter Grölendhohen und mehrere Kilometer langen Eisgiganten ragen gerade mal 50 bis 100 Meter aus dem Wasser. Sie kalben vom Jakobshaven Gletscher in den Fjord. Es ist der Gletscher mit der größten Eisbergproduktion der nördlichen Hemisphäre mit einem täglichen Schub von 22 Metern. Und dort schimmern ihre scharfen Kanten silbrig in der Sonne. Wo die Wellen leicht antanzen, leuchten sie hellgrün. Und inmitten dieser Stille ziehen Buckelwale Wasserfontänen Grönlandausstoßend ihres Weges. Bereits von Weitem ertönt ihr Gesang aus einem Potpourri von Stöhnen, Grunzen, Röhren, Schnarchen, Quieken und Pfeifen. Besonders erfreuen diese sanften Riesen mein Herz, wenn sie mit ihrer mächtigen Fluke auf die Wasseroberfläche schlagen.


Dabei bin ich erst einige Stunden vorher an der Westküste Grönlands 100 Kilometer nördlich des Polarkreises mit dem Schiff, der Ocean Diamond, hier in Ilulissat angekommen. Habe lange von der Reling aus in nicht all zu weiter Ferne die grandiose Eiskulisse — eine Parade von Grönlandbizarren Skulpturen einer Freilichtausstellung ähnlich — bewundert. Der Ilulissat Eisfjord wurde im Jahr 2004 von der Unesco zum Weltnaturerbe erklärt. Hier an der Reling lasse ich die Schiffsfahrt seit meiner Ankunft am Flughafen Kangerlussuaq vor ein paar Tagen Revue passieren. Von dort ging es mit dem Schiff in nördlicher Richtung nach Sisimiut, der zweitgrößten Stadt Grönlands. Und weiter vorbei an herber, eisstarrender Schönheit bis nach Uummannaq 500 Kilometer oberhalb des Polarkreises und von dort wieder zurück. Grönland

 

Am nächsten Tag bin ich bei Pauline Jensen — einer geborenen Inuit — zu Kaffee und Kuchen in Ilulissat eingeladen. Mit wachen Augen erzählt sie aus ihrem Leben und von ihrem Land. Einem Land, das mit so vielen sozialen Problemen zu kämpfen hat. Spielen sich doch hinter dem Idyll der schönen bunten Holzhäuser oft dramatisch grausame Szenen ab. „Meistens spielt GrönlandAlkohol dabei am Wochenende eine große Rolle,“ sagt die heute ausgebildete Drogenberaterin, Sozial- und Spezialpädagogin. „Und die Leittragenden sind dann oft die Kinder.“ So reist sie auf Anforderung das ganze Jahr über — oft unter großen Strapazen — zu den entlegensten Ecken Grönlands. Leben die Menschen heute doch in zwei Welten: in der einen jagen die Inuit in entlegenen Orten noch Robben mit der Harpune für den Eigenbedarf und in der anderen haben Fernseher und Internet Begehren geweckt.


Gute 40 Kilometer unterhalb des Polarkreises erreicht die Ocean Diamond Nuuk, Grönlands Hauptstadt, die nördlichste der Welt. Eingebettet ist sie wunderschön von schneebedeckten Gipfeln am malerischen Fjord mit dahintreibenden Eisbergen. Das wirtschaftliche, kulturelle und politische Zentrum mit seinen 16500 Einwohnern auf der größten Insel der Welt ist im stetigen GrönlandWandel. So werden die riesigen Plattenbauten und Wohnblocks nach und nach abgerissen und durch kleinere, moderne Wohnanlagen ersetzt. Gut erhalten sind dagegen im Kolonialhafen die alten, kleinen bunten Holzhäuser. Und in deren Mitte birgt das Nationalmuseum einen 500 Jahre alten Schatz: Die Mumien von Qilakitsoq aus dem hohen Norden. Sie wurden 1972 dort zufällig in einer Felsengrotte entdeckt und stammen von den Thule-Inuit, den Vorfahren der heutigen Inuit. 1475 hat man sie nach ihrem Tod mit wasserdichten Seehundfellstiefeln Grönlandausgestattet, die zur Isolation mit Heu gefüttert waren. Zwei Kleidungsschichten aus Vogelbälgen, der abgezogenen Vogelhaut mit Federn und einem Überkleid aus Robbenfell sollten vor Kälte schützen. Dabei ist der Anblick des kleinen Kindes besonders traurig. Beim Tod seiner Mutter gab es wohl niemanden mehr, der es aufziehen konnte. Vermutlich hat man es deshalb getötet und der Mutter zugelegt.


Verlässt man den kleinen Hafen und schreitet hinauf in den modernen Teil der Stadt mit Fußgängerzone, legt man am besten eine kleine Pause bei Jörg Erich Sennhenn ein. Der aus Deutschland stammende Braumeister braut in der Brauerei Godthab?? bryghus bestes Bier. GrönlandDer Grund für den guten Geschmack des Bieres ist dem klaren Wasser, das aus den benachbarten Gletschern und dem Inlandeis gewonnen wird, zu verdanken. Dabei stammen Malz aus dem fränkischen Bamberg und Hopfen unter anderem aus der bayerischen Hallertau.


Die Ocean Diamond ist im Süden Grönlands am Tunulliarfik-Fjord mit den blauweiß schimmernden, vorbeiziehenden Eisbergen und der kleinen Siedlung Narsarsuaq mit 130 Einwohnern angekommen. Geprägt ist die Fjordlandschaft von saftigen Wiesen und fruchtbaren GrönlandTälern. Das erkannte auch der verurteilte Mörder „Erik der Rote“, der Island als Geächteter vor über 1000 Jahren verlassen musste und hier mit 400 Auswanderern ankam. Seine neue Heimat taufte er auf den Namen „Grünland“. Heute hat die kleine Ansiedlung den zweitgrößten internationalen Flughafen und ist das Tor zum Süden des Landes. Und dort steht der Schweizer Hubschrauberpilot Raphael Matthey-Doret und fliegt Gäste wie mich hinauf zum Eqaluit Gletscher. Er entspringt unmittelbar aus der riesigen Eiskappe, die über 2000 Kilometer hinweg Grönlanddie Fläche Grönlands mit einer Stärke von bis zu 3000 Metern Höhe bedeckt. Später landet Raphael auf einem flachen Felshügel hoch über dem Gletscher. Als dann die Rotoren still stehen, bin ich von absoluter Stille umgeben. Nur der Wind pfeift sein Lied. Weit unter mir liegen tausende von scheinbar unbeweglichen, aufeinandergeschichteten Eisspitzen. Meine Sicht geht weit hinauf zum Inlandeis. Jetzt ist die Szene wieder unvergleichlich friedlich. Die Luft ist kristallklar, kalt und Stille breitet sich aus und erinnert an die Diskobucht.

 

Weiter Informationen:


Grönländisches Fremdenverkehrsamt,
www.greenland.com;


Iceland ProCruises bietet zwei Seereisen nach Grönland im August 2019 an. Start und Endpunkt der Reisen ist Island. Preise ab 2.675 EUR pro Person. Informationen und Buchung, Tel. 040/286687160,
 www.icelandprocruises.de

 
Reiseliteratur für unterwegs: DuMont Reise-Taschenbuch Grönland, 4. aktualisierte Auflage 2017 von Sabine Barth, 292 Seiten mit Grönland-Faltkarte, € 19,99, ISBN 978-3-7701-7398-3
Grönland, ein Reiselesebuch, herausgegeben von Freddy Langer, 160 Seiten, Ellert & Richter Verlag, € 12,95, ISBN 978383190308-5

 

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