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Masuren

Geheimnisvolle Ruhe in Masuren

Störche prägen das Landschaftsbild von Masuren

 Im Nordosten Polens liegt die Masurische Seenplatte mit moosgrünen Seen und lieblichen Dörfern mit unzähligen Storchennestern. Dabei laden mächtige Alleen mit uralten Baumbeständen zu Kutschfahrten ein.

 Von Gerd Krauskopf

Vogelgezwitscher rundherum durchbricht die Stille. Eine absolute Stille, als sei die Zeit stehen geblieben in Masuren. Als gäbe es keine lärmenden Strassen, keine Baukräne. Auch sucht das Auge vergebens nach Sendemasten für Handys.

Dabei wird gerade jetzt auch hier in Masuren wie in ganz Polen unglaublich viel gebaut, sind doch seit einem Jahr die Grundstückspreise um hundert Prozent gestiegen. Die Menschen investieren wieder bei ihrer stabilen Währung. Aber das interessiert jetzt hier niemanden. Der gestresste Großstädter genießt die Ruhe, sitzt barfuss im Schatten eines mächtigen Ahornbaumes und blickt seit einer endlosen Zeit vom Hügel über den Lampasz-See auf das kristallklare Wasser.

Absolute Ruhe gehören zum Urlaub in Masuren

Die geheimnisvolle Ruhe strahlt tiefe Zufriedenheit aus. Im unendlichen Blätterwald spiegelt rundherum im artenreichen Grün das Licht des Frühsommers. Dabei ist die Schönheit Balsam für die Seele. Sie speichert den charaktervollen Wuchs der Baum-Individuen, die Vielfalt und Unregelmäßigkeit der natürlichen Schöpfung. Züchtete man doch Anfang des 20. Jahrhunderts in diesem großen Gutsgarten mit Erfolg Südfrüchte, unter anderem Feigen. 

Meister Adebar versorgt die Jungen im NestAb und an durchbricht das Klappern eines Storchenschnabels die himmlische Ruhe. Dann werden vier junge Mäuler von einem Storchenpaar gesättigt, das sich auf einem alten Pferdestall mit einem großen Nest häuslich eingerichtet hat. Nach getaner Malzeitübergabe stürzt sich der Storch dann mit weitem Flügelschlag aus dem Nest, um lautlos hinunter zum See zu gleiten, wo im Dickicht weitere Frosch-Leckerbissen warten.

 Ohne es zu merken, hat sich der stahlblaue Himmel verdunkelt, ziehen schwere Wolken auf und der Lampasz-See hat sich schwarz eingefärbt. Dicke Sommer-Regentropfen unterbrechen jäh die Ruhe und zwingen zum schnellen Rückzug. Nur ein paar Schritte ins Gutshaus. Im herrschaftlichen Kaminzimmer lohnt nicht mal das Lesen einer Zeitung, denn im Nu sind die Wolken vertrieben und die Sonne lockt wieder hinaus.

Früheres ostpreußische Gutshaus in Jedrychowo mit benachbartem Großgrundbesitz Sorquitten

Albert von Klitzing hat dieses, damals verfallene ostpreußische Gutshaus in Jedrychowo, früher Heinrichshöfen, vor dem endgültigen Verfall gerettet. Dabei gehörte der Gutshof mit etwa 600 ha Land zum benachbarten Großgrundbesitz Sorquitten und wurde als Rittergut 1379 erstmals erwähnt. Von Klitzings Familie flüchtete 1945 aus diesem Gebiet vor der heranrückenden Roten Armee. Stolz auf die Heimat seiner Vorfahren kam er vierzig Jahre später wieder zurück und sah dieses Traum-Anwesen zwischen Allenstein und Sensburg, und blieb. Seine Familie verstand den damals 70-jährigen nicht, als Jungunternehmer ein Hotel mit Restaurant in diesem Trümmerhaufen zu schaffen. Und er hat durchgehalten, hat es allen gezeigt, ist heute 82 Jahre alt und stolz auf sein Lebenswerk. 

Pompös wird der 80. Geburtstag auf dem ehemaligen ostpreußische Gutshaus in Jedrychowo gefeiertSpäter dann an diesem Tage wird der 80. Geburtstag von Barbara Koslowska pompös gefeiert. Sie ist aus Warschau angereist und hat ihre Familie mitgebracht, die teilweise sogar aus Florida für dieses große Ereignis angereist ist. Und so präsentieren sich die Damen gut gekleidet mit standesgemäßen Hüten und dem jüngsten Enkelkind auf der repräsentativen Treppe für den Fotografen, bevor es zum Lunch geht.

Geduldig wartet derweil Stanislaw mit seiner kleinen Kutsche auf dem herrschaftlichen Anwesen. Und so geht Gemütlich führt Stanislaw seine Gäste durch Polens Nordenes dann  nach gutem Essen  unter großem Kreischen in kleinen Vierergruppen zu Rundfahrten über buckelige Hügel und holprige Wege, die oft unter endlos langen Baldachinen dichter Baumkronen verlaufen. Entstanden ist diese hügelige Landschaft im Nordosten von Polen, so erfährt der interessierte Zuhörer, in der letzten Eiszeit, als  Gletscher Gesteinsmassen vor sich her schoben. In ihren sanften Tälern sammelte sich das Schmelzwasser. Und so zählt man heute in der anmutig gewellten Landschaft mehr als 3300 Seen, die oft perlenförmig aneinander gereiht und durch schmale Kanäle miteinander verbunden sind. Ab und an dreht  sich Stanislaw von seinem Kutscherbock nach hinten, erzählt kleine Geschichten, die das karge Leben hier im Laufe der Jahrzehnte schrieb und ist traurig über die vielen verwilderten Felder, die heute niemand mehr bestellen will, weil das Getreide billiger aus Deutschland oder Holland importiert wird.

Stanislaw bei seiner täglichen Arbeit auf seinem kleinen Hof in Jedrychowo

Auch Stanislaw wohnt mit seiner kranken Frau Maria, Sohn und Schwiegertochter auf einem solchen Hügel zwischen den Seen. Da hat er einen kleinen, archaischen Bauernhof mit 10 ha Land. Ist mit 3 Kühen, 2 Pferden, 6 Schweinen, 50 Küken und 15 Hühnern zum Eierlegen autark. Sein kleiner Gemüsegarten wird von  Schwiegertochter Theresa bewirtschaftet, die auch das Essen zubereitet. Und so steht auch an diesem Tag das von ihr vorbereitete Essen auf dem blankpolierten Holzherd. Stanislaw selbst arbeitet lieber in seiner kleinen Werkstatt oder schmeißt die Transmissionswelle auf einen imposant alten Motor, der die in einiger Entfernung stehende Schrotmühle antreibt, um mit einem Höllenlärm Hafer, Gerste und Buchweizen für Grütze zu mahlen. 47 Jahre wohnt er nun schon hier. Hat damals in Piasecznia, gut 100 Kilometer von hier Richtung Warschau, keine berufliche Perspektive gehabt und gehört, dass in Masuren Höfe frei waren. Alles, was er besaß, hat er mitgenommen und hat es bis heute nicht bereut. Für ihn war es damals ein freudiger Neuanfang, für die vertriebenen Deutschen ein Stück versunkener Geschichte. Und seine Augen strahlen, wenn er davon spricht, dass ihm vielleicht seine kürzlich begonnenen Kutschfahrten demnächst ein paar Zloty Zubrot einbringen könnten. Und das nicht nur von Vertriebenen, die heute als Touristen kommen und für die keine andere Landschaft solche Gefühle und Erinnerungen wecken. Da freut er sich auch über kreischende Amerikanische Gäste.

 

Weitere Informationen:

Masuren, Polen

Einreise: Am günstigsten von Köln/Bonn nach Warschau. Pro Person hin/Rückflug zahlten wir pro Person unter 100 €.

 

Masuren, Polen

Weiterreise: Mietwagen sehr teuer. Für 16 Tage ca. 640 € incl. aller Versicherungen. Bis nach Jedrychowo mitten in den Masuren sind es gut 240 Kilometer (4,5 Std). Gute Straßen. Achtung: Viele Radarfallen! Bei der Rückfahrt ist in Warschau der Flughafen nicht ausgeschildert!

 

Gutshaus in Jedrychowo,  Sorkwity

Unterkunft: Viele schöne Bürgerhäuser, Paläste und Schlösser zeichnen sich durch romantisches Ambiente aus. Preiswerte Pensionen sind überall zu bekommen.

Wir haben stilvoll in einem renovierten Gutshaus in Jedrychowo,  Sorkwity, gewohnt.

 

Erholung pur in Masuren, Polen

Gesundheit: Schutzimpfung gegen Zecken wird empfohlen.

 

Allenstein, Masuren, Polen

Geld: Geldautomaten für EC-Karten findet man an fast jeder Bank.

 

Ordensburgen findet man überall in Masuren, Polen

Masurische Landpartie: Das Land der tausend Seen  (3312 ohne die kleinen Tümpel) und Wälder ist geografisch nicht genau festgelegt. Das Herz bildet die große Seenplatte bei Nikolaiken (Mikolajki). Hübsche, lebendig kleine Orte überall mit interessanten Ordensburgen.

 

Wassersport in Masuren, Polen

Sportliches Highlight: Eine Paddeltour auf der Krutynia. Man bestimmt den Ort beim Bootsvermieter und wird am Ende der Tour abgeholt. Aber auch eine Fahrt auf dem buchtenreichen, verschilften Lampasz-See empfiehlt sich. Motorboote sind untersagt auf den meisten Seen.

 

Kutschfahrten in Masuren, Polen

Kutschfahrten: Macht zum Beispiel Stanislaw Deptula, Jedrychowo 26, 11-731 Sorkwity.

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