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Bern und Umgebung

Bern: Nostalgische Bauten und Radidylle vor Alpenpanorama

Bern

Wer in der Schweizer Bundesstadt nur an die UNESCO-Weltkulturgüter denkt, hat einiges verpasst. Die Stadt im Alpenvorland bietet beeindruckende szenische Radwanderrouten durch eine der schönsten Kultur- und Naturlandschaften der Schweiz

Von Gerd Krauskopf

 Wie an diesem frühen Morgen die Sonne langsam zum Himmel hinauf klettert, verlassen Hannes und ich das riesige Bahngelände von Bern. Dabei haben wir uns gerade unsere E-Bikes von Rent A Bike im Bahnhof ausgeliehen und freuen uns auf unsere heutige Radwanderroute 888 „Grünes Band Bern“ mit einer Länge von 59 Kilometern. Jetzt rollen die Reifen in gemütlichem Tempo durch die mit Kopfsteinen gepflasterten Gassen der Berner BernAltstadt — die 1983 zum UNESCO-Weltkulturerbe geadelt wurde. Eine Altstadt, die bis heute ihren mittelalterlichen Charakter bewahrt hat und trotzdem zum belebten Mittelpunkt einer modernen Stadt geworden ist. Sie wird von drei Seiten durch das tief eingeschnittene Flussbett der Aare umgeben. Nach wenigen Radumdrehungen haben wir die Spitalgasse erreicht, von der es leicht bergab immer geradeaus über die Markt-, Kram- und Gerechtigkeitsgasse über die Nydeggbrücke zum Wahrzeichen Berns, dem „BärenPark“ geht. Hier steigen wir kurz von den BernRädern und grüßen das Wappentier der Stadt, dem wir einen Moment beim Spielen, Klettern, Fressen und Schwimmen in seinem 6000 Quadratmeter großen Areal, das bis hinunter ans Aareufer reicht, zusehen.

Rad-Erlebnisroute rund ums grüne Bern mit grandiosem Alpenpanorama

Dann ein kurzes „Tschüss“ – was den Braunbären kaum interessiert – und ab geht’s steil hinauf zum Rosengarten. Dabei habe ich kaum Erfahrung mit einem E-Bike. Wie wundersam, der richtige Gang ist eingeschaltet und mit elektrischer Unterstützung geht’s mit Leichtigkeit bergauf und ich spüre den angenehmen Fahrtwind auf der Haut. Heute steht uns ein buntes Kaleidoskop außerhalb der Stadt bevor, bei denen die Welt aus Strampeln, Schauen und Spüren bestehen wird. Das Schöne an dieser Radstrecke ist, dass man an vielen Orten die Tour auch unterbrechen und gemütlich mit wenigen Pedaltritten zurück in die Stadt fahren kann. 

Bern und Umgebung

Im Nu sind wir über Ostermundigen, einem nahtlos ineinander gehenden Stadtteil der Bundesstadt Bern, hinaus und vor einer farbenfreudigen Hochhauskulisse taucht der erste Bauernhof auf. Ab jetzt wird es schlagartig ruhig. Das Bild wechselt zu saftigen, mit Baumgruppen bestandenen hügeligen Weiden. Vor dem hübschen Dörfchen Muri-Gümligen grüßt die Berner Alpenkette mit Eiger, Mönch und Jungfrau. Und so kommt einem mit jedem gestrampelten Kilometer die Umgebung der Voralpenstadt Bern größer und überraschender vor — als würde dieses Stückchen Schweiz auf wundersame Weise über sich hinauswachsen. 

Bern und Umgebung

Am Wegesrand stehen an acht Orten grüne Tafeln, auf denen Wissenswertes, Witziges und Überraschendes zu den Themen Natur und Landwirtschaft zu lesen sind. Dabei erfährt man zum Beispiel, dass Bienen einen „Schwänzeltanz“ aufführen, um ihre Artgenossen über die Position einer Futterquelle zu informieren. Und auf dem Baumstammbänkli wird davor gewarnt, Bern und Umgebungden Mund der umschwirrenden Bienen wegen nicht allzu weit zu öffnen. Und wenn sich unterwegs der kleine Hunger meldet, finden sich in den vielen Hof-und Dorfläden entlang der Route alle Zutaten für ein feines Picknick. Wie zum Beispiel in Rubigen, wo wir uns in einer Fischzucht frische Lachsforellen-Filets kaufen, die wir vor dem Haus auf einer Bank mit ofenfrischem Brot genießen. Oder wir kosten in Wälchlis Hofladen in Kehrsatz einfach nur den frisch gepressten Süßmost. 

In Kehrsatz stoppen wir am Belper Giessen. Dort setzen wir uns nicht in den Biergarten, an dem auch Radladestationen vorhanden sind, sondern lassen an einem Holzsteg die nackten Füße im glasklaren Wasser baumeln. „Die Belper Giessen sind mehrere unverbaute kleine, lebendige Bäche“, erklärt mir Hannes, der in Bern aufgewachsen ist, mit strahlenden Augen, Bern und Umgebung„die von Grundwasser gespeiste Flussnebenläufe der Aarelandschaft zwischen Thun und Bern sind. Sie sind wertvolle, natürliche Überschwemmungsgebiete und besitzen eine hohe Artenvielfalt an Fischpopulation und einheimischen Krebsarten sowie geschützte Libellenarten wie beispielsweise die vom Aussterben bedrohte Helm-Azurjungfer.“

Wir mahnen zum Aufbruch von dieser Gewässerperle, die eine wahre Schatzkammer für Tiere und Pflanzen ist, lassen unsere Füße in der Sonne trocknen und klettern wieder auf den Sattel. Bern und UmgebungEntspannt strampeln wir weiter und die Naturlandschaft Köniztal beeindruckt mit kleinen Teichen und Wiesen, die nach ökologischen Kriterien und ohne Düngung bewirtschaftet werden. Wie ich von Hannes erfahre, ist eseines der größten Amphibienlaichgebiete im Kanton Bern.

Hungrig steuern wir Schloss Köniz mit einer Gastwirtschaft entgegen. Entscheiden uns dort der aufkommenden dunklen Wolken wegen nicht für den Biergarten unter einer mächtigen Linde, sondern für den urigen Wirtsraum. Hier lacht mich auf der kleinen Speisekarte das Schweinskotelett vom Aaretaler Duroc Söili mit Kräuterjus und Krautstiel-Rhabarberjalousie an. Bern und UmlandWir folgen der Empfehlung der Wirtin und bestellen vorab eine kalte Schale mit gelben Möhren und Tomaten. In gemütlicher Atmosphäre genießen wir die raffiniert zubereiteten Köstlichkeiten aus eigener Produktion und freuen uns über die richtige Wahl. Zufrieden verlassen wir die Gastwirtschaft und sind erschrocken über den dunklen Himmel. Klettern jedoch wieder in den Sattel und radeln weiter. Was nicht von langer Dauer ist, so dass wir bei starkem Regen nach guten 40 Kilometer unsere Radtour abbrechen und in die Stadt zurück strampeln.

Charme der Altstadt mit bedeutenden Sehenswürdigkeiten und eingekerkerten Pfaffendirnen

Am nächsten Morgen blinzelt die Sonne durch die Vorhänge des Hotelzimmers und ich freue mich auf die geplante Entdeckungsreise durch die Gassen der Berner Altstadt mit Stadtführerin Beatrice Gyger-Lang. Sie erzählt mir später inmitten von verwinkelten Gässchen, barocken BernGebäuden, bedeutenden Sehenswürdigkeiten und vor der Sonne geschützten Laubengängen der mittelalterlichen Bundesstadt spannende Geschichten. Neben den unzähligen Ateliers, Boutiquen und „Lädeli“ warten mit den darunter befindlichen Gewölbekellern einzigartige Perlen, die einen Einkaufsbummel zu einem besonderen Erlebnis machen.

BernIch erfahre, dass die bedeutendste Stadt des Landes 32 Quartiere hat, in denen gerade mal knapp 150.000 Einwohner leben, nur 6000 davon in der Altstadt. Eins dieser Quartiere ist die Matte, die Unterstadt an der Aare. In ihr wohnten Metzger, Gerber und auch der Henker. BernHeute ist das einstige Handwerkerquartier „in“. Damals grenzten sich ihre Bewohner mit einer eigenen Sprache ab gegen die verhassten Bürger der Oberstadt. Die jedoch liebten die Badehäuser dort unten am Fluss, denn zu dieser Zeit mussten die Mägde das Wasser in Krügen aus den Brunnen in die Häuser schleppen. Nach dem Besuch eines Badehauses tat man es Casanova gleich und schaute mal heimlich in einem der Bordelle vorbei.Hoch oben über der Aare und der Matte spannt sich die Nydeggbrücke, über die ich gestern bereits geradelt bin. Aufwärts in Nachbarschaft mit dem mächtigen Berner Münster auf der Gerechtigkeitsgasse mit ihren Laubengängen liegt das Bistro „together“ mit einer sehr speziellen Sehenswürdigkeit. Wirt Alexandre Schor hat den Abwassergraben freigelegt, so dass Bernman auf seinem stillen Örtchen dabei zusehen kann, wie unter einer Glasscheibe auf dem Toilettenboden alles gen Tal rauscht. Nur ein paar Schritte weiter aufwärts schauen wir in die Wohnung von Albert Einstein rein, in der er die Relativitätstheorie aufgestellt hat. Weiter oben in der „Harmonie“ betreibt Fritz (Jimi) Gyger in der dritten Generation sein Restaurant und hat sich auf Fondue spezialisiert. Stolz ist er darauf, dass seine Kunden von weit her kommen, um seine Kutteln nach Art des Patrons zu bestellen – das ist in Streifen geschnittener Pansen nach Mailänder Art mit Käse überbacken.Nebenan steht der „Zytglogge“, der Zeitglockenturm, der nach dem großen Stadtbrand 1405 neu aus Berner Sandstein errichtet wurde. Sein Vorgängerbau aus dem 13. Jahrhundert war ein Wehrturm, der zuletzt als Gefängnis genutzt Bernwurde. Hier waren auch die sogenannten Pfaffendirnen eingekerkert. Haushälterinnen von katholischen Pfarrern wurden dort „abgegeben“, wenn der Kirchenmann ihrer überdrüssig geworden war. Beim großen Stadtbrand sollen damals sieben angekettete Pfaffendirnen elendig verbrannt sein. Im heutigen Turm setzt sich zu jeder vollen Stunde ein kompliziertes astronomisch/chronologisches Uhrwerk mit Bärenreigen, Hahnenschrei und dem markanten Glockenschlag des lebensgroßen vergoldeten Stundenschlägers Hans von Thann in Szene. Der Zytglogge kann bei öffentlichen Führungen besichtigt werden – hierbei kann man das Uhrwerk aus nächster Nähe bestaunen und am Schluss in den Turm hochsteigen und die Sicht über die Dächer der Berner Altstadt genießen.

Rauf aufs Rad, rein in die Natur zur „Fernsichtroute Frienisberg“

Während Bern Kulturfans, Genießern und aktiven Menschen allerhand bietet, lockt es mich nach diesem Ruhetag wieder ins Umland mit seinen gut ausgeschilderten Radwegen. Da habe Bern und Umgebungich mir mit der Radwanderroute 890 die 43 Kilometer lange „Fernsichtroute Frienisberg“ ausgesucht. Heute bin ich alleine unterwegs und freue mich über die gute elektrische Unterstützung an manchen langen Steigungen.

 

Es geht unproblematisch über herrlich einsame Nebenstraßen, durch Felder und Wälder. Überraschend eröffnet sich dann nach der Fahrt durch tiefgrünen Wald mit beeindruckendem Lichtschattenspiel der Blick auf die offene Fläche des Büsselimoos, einem Hochmoor. Hier Bern und Umgebungüberzeugt zur Abwechslung mal nicht die Fernsicht, sondern der inspirierende Blick auf eines der kleinsten Naturschutzgebiete des Kantons Bern. Ein langer Holzsteg lädt zur Rast und zur Beobachtung der heimischen Tierwelt wie zum Beispiel Libellen und Vögel ein, für die es der ideale Lebensraum ist. 

 

Später, fast oben am höchsten Punkt des Frienisberges, kurz vor dem Ziel, dem Aussichtsturm „Chutzenturm“, passiert es dann. Der falsche Gang ist eingelegt und es wird ernst für die Oberschenkel. Trotz der elektrischen Unterstützung beugt sich der Körper tief über den Lenker. Nach Luft japsend, stemmen die Beinmuskeln die Räder im Schritttempo den kurzen Berg hinauf. Oben angekommen, ist erst einmal eine Pause angesagt. Hochtürme wie dieser hier Bern und Umgebungwurden auch „Chutzen“ genannt, ein weithin sichtbarer Ort, von dem ab dem 15. Jahrhundert mit Alarmsignalen auf Gefahren wie Brände oder Feinde aufmerksam gemacht wurde. Im Gebiet des Alten Bern gab es im 17. Jahrhundert 156 solcher Hochwachten. Ein Schild am Fuße des 45 Meter hohen hölzernen Turmes verspricht beste Sicht hinüber zu den Alpen bis zum Jura und bei bester Fernsicht sogar die Sicht auf den Mont Blanc. Auf der obersten Plattform angekommen, sind die Alpen leider von Wolken verhangen. Dafür präsentieren sie Bernsich nach rasanter, Kilometer langer Abfahrt am frühen Abend grandios von der Dachterrasse des Hotels Schweizerhof. Jetzt am Ziel in Bern nach einer interessanten Altstadt-Besichtigung und zwei wunderschönen Radtouren mit grandiosen Panoramen angekommen, wird diese Zeit noch lange nachwirken.

 

Weitere Informationen: 

 

An- und Abreise

Am einfachsten ist die Anreise per Bahn. Zum Beispiel ab Dortmund Hauptbahnhof mit dem ICE 101 um 05:28 Uhr durchgehend bis Basel (10:47 Uhr). Von dort um 10:55 Uhr weiter nach Bern, Ankunft um 11:56 Uhr. Sehr gut aber auch von vielen weiteren deutschen Bahnhöfen erreichbar. 

Für die Reise in der Schweiz bietet sich der Kauf eines Swiss Travel Pass an (www.swisstravelsystem.com). Er bietet freie Fahrt auf dem Schweizer Bahn-, Bus- und Schiffnetz und gratis Eintritt in viele Museen. 

Übernachtungsgäste in Bern nutzen dank des Bern Tickets den öffentlichen Verkehr in der Stadt kostenlos. 

Mit dem Auto ab Basel (Autobahnvignette) und weiter über die A2 und E25 etwas mehr als eine Stunde bis Bern.

 

Etappen

Grünes Band Bern 59 km

Fernsichtroute Frienisberg 44 km

 

Übernachtung

Zum Beispiel im Hotel „Harry’s home Bern“, Bernstrasse 25, CH-3072 Ostermundigen, Tel. +41 31 560 71 56, DZ CHF 159,00 (Hotel liegt günstig an Radstrecke  „Grünes Band Bern“.

 

Folgende Hotels für Package mit E-Bike-Miete: ab CHF 247,00 im DZ: Hotel Kreuz Bern, Hotel Goldener Schlüssel Bern, The Bristol, Hotel La Pergola Bern und Hotel Prizeotel Bern-City

 

Einkehren zum Beispiel

Restaurant Harmonie, Hotelgasse 3, Tel. +41 31 313 11 41

Restaurant Falken, Münstergasse 64, Tel. +41 31 311 30 95

Entlang der szenischen Radwanderrouten verköstigen zahlreiche Landgasthöfe sowie Hof- und Dorfläden mit Produkten aus der Region wie zum Beispiel auf der Radroute „Grünes Band Bern“ das Restaurant „Zum Schloss“, Muhlernstrasse 9, 3098 Köniz, Tel. +41 31 972 48 48

 

Berner Altstadt, UNESCO-Weltkulturerbe:

Flanieren unter den Lauben (Arkaden), Sehenswürdigkeiten wie das Bundeshaus, das Münster, den Zytglogge (Zeitglockenturm) mit seinem Figurenspiel aus dem Mittelalter bestaunen und sich auf einer Terrasse oder in einem für Bern typischen Gewölbekeller verwöhnen lassen: Bern lädt dazu ein, sich Zeit zu nehmen zum Geniessen. 

Geführter UNESCO-Altstadtbummel: www.bern.com/de/detail/unesco-altstadtbummel, Tel. +41 31 328 12 12

 

Chutzenturm: Das Highlight der Fernsichtroute Frienisberg ist der Chutzenturm. Nach dem Erklimmen der 234 Stufen belohnt eine Sicht über die halbe Schweiz. 

www.bern.com/fernsichtroute, Tel. +41 31 328 12 12 

 

Wohlensee: Sowohl die Fernsichtroute Frienisberg als auch das Grüne Band Bern führen E-Bikefahrer:innen an den Wohlensee. Er ist Naherholungsgebiet, Paradies für Wassersport-Fans und Wohnort für viele Tiere: Der vielseitige Wohlensee eignet sich perfekt für eine längere Zwischenpause.

www.bern.com/gruenesbandbern, Tel. +41 31 328 12 12

 

Kunst und Kultur in Bern: 

Bern trumpft mit preisgekrönten Museen und internationalen Ausstellungen und bietet so eine inspirierende Ergänzung zu den Radwanderrouten. 

www.bern.com/de/sehen-erleben/kunst-kultur, Tel. +41 31 328 12 12

 

Infos

Alles zum Radwandern rund um die Bundesstadt Bern:

www.bern.com/radwandern

Buchbare Radwanderangebote: www.bern.com/radwandern-angebote

Tourist Information im Bahnhof Bern, Tel. +41 31 328 12 12,   Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! . Radwanderkarten sind dort erhältlich. 

 

 

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