Fraser Island:
Unendlichkeit aus Sand
Millionen von Jahren brauchte die Natur, um Fraser Island zu erschaffen, die größte Sandinsel der Welt, die seit 1992 zum „Weltnaturerbe der Menschheit“ zählt. Neben Sand und riesigen Dünen hat die Insel auch sonst reichlich pures Natuererleben im Angebot: ursprüngliche Regenwälder, Süßwasserseen umgeben von feinsten Sandstränden und eine beeindruckende Tierwelt.
Gekleidet mit weißem Talar und Badesandalen steigt der Pfarrer aus dem Boot, das ihn von Hervey Bay an diesem Weihnachtsmorgen nach Fraser Island gebracht hat. In der schattigen Kapelle des Kingfisher Bay Resort findet er eine internationale Gemeinde vor, mit der er in den nächsten eineinhalb Stunden einen anrührenden Gottesdienst feiert. Anrührend deshalb, weil es ihm in der für Australier typischen weltoffenen und gewinnenden Art gelingt, die multinationale Christenschar miteinander ins Gespräch zu bringen und zum gemeinsamen Singen von Weihnachtsliedern aus aller Herren Länder zu bewegen.
Regenwald und Strandautobahn
Später am Vormittag besteigen wir unseren gemieteten Landrover um zu einer Inseltour aufzubrechen. „Bitte fahrt nicht vor Mittag auf die Autobahn, das ist zu gefährlich“, mahnt der Autovermieter zum Abschied. Die „Autobahn“ ist in der Sprache der Einheimischen jener 75 km lange, wie mit dem Lineal gezogene Strand, der die gesamte Ostküste einnimmt. Sein Befahren ist nur bei Ebbe erlaubt. Ohne Servolenkung arbeiten wir uns zunächst bis „Walooba Creek“ voran. Hier wandern wir durch dichten Regenwald, wie man ihn auf einer Sandinsel kaum erwarten kann: subtropische Feuchte, Urwaldriesen, Riesenfarne, Orchideen und ein variationsreiches Konzert von Vogelstimmen.
Kristallklares, in den Farben grün und blau schimmerndes Wasser, puderweißer Sand und eine fast unwirkliche Stille – spätestens am Lake Berribee sind die Alltagssorgen aus Deutschland Geschichte. „Super“ vermerken wir in unserem Reisetagebuch und dem ist nichts hinzuzufügen.
Kurz vor Erreichen der „Autobahn“ geht dann nichts mehr. Beim Versuch, im Tiefsand einem verlassenen Wagen auszuweichen, bleiben wir selbst stecken. Zehn Minuten später erreichen vier junge Australier in einem mit Surfbrettern und Angelruten beladenen Pickup die nun vollends blockierte Piste. Eine halbe Stunde gemeinsames schweißtreibendes Schaufeln und Schieben führt schließlich zum Erfolg und wir erreichen kurze Zeit später den gigantischen 75-mile-beach.
Dingo zu Besuch
Wir stürzen uns in die mächtigen Wellen und lassen uns von ihnen wieder ans Ufer werfen. Kurz vor der Wasserlinie ist eine Touristin beim Sonnenbaden eingeschlafen.
Seelenruhig trottet ein Dingo aus den Dünen heran und beschnuppert sie ausgiebig. Die Urlauberin erwacht und lässt beim Anblick des Tieres einen gellenden Schrei. Wer von beiden sich mehr erschreckt ist nicht zu sagen, der Dingo jedenfalls ist in Windeseile wieder in den Dünen verschwunden. Nirgendwo in Australien leben mehr dieser verwilderten Hunde, deren Vorfahren einst von asiatischen Einwanderern eingeführt wurden als auf Fraser Island.
Auch während der erholsamen Fahrt am Strand entlang lädt die Natur zu lohnenden Unterbrechungen ein, zum Beispiel an den Sandklippen der „Rainbow Gorge“ und der „Cathedrals“ oder am Wrack des 1935 gestrandeten Luxusdampfers „Maheno“. Wir gönnen uns einen letzten Höhepunkt. In der Nähe des Flüsschens „Ellis Creek“ besteigen wir ein sechssitziges Kleinflugzeug und erleben weite Teile dieses einzigartigen Biotops aus der Vogelperspektive.
Uwe Junker
Infos:
Anreise mit dem Auto von Brisbane nach Hervey Bay, von dort 20-minütiger Fährtransfer, Mitnahme eines am Festland angemieteten Allradfahrzeugs möglich.
Reisezeit ganzjährig, in den Monaten Juni bis August Walbeobachtung möglich.
Unterkunft Kingfisher Bay Resort, Telefon: 0061/7/41203333, Telefax: 0061/7/41203326, DZ ab 160 €, umweltfreundliche Anlage an der Westküste, organisierte Touren mit Rangerbegleitung, Mietwagenverleih.