Menschen, Reisen, Abenteuer Headgrafik

Azoren, MS Hamburg

Begegnung auf den Azoren: Der Poet mit der Schreibmaschine

Azoren 

 Durch Zufall treffen in einer Markthalle der Azoreninsel Faial drei Deutsche mit unterschiedlichen Reise- und Lebenskonzepten aufeinander: ein Dichter, ein Kreuzfahrer und eine Einwanderin, die doch immer wieder weg will

 

Von Gerhard von Kapff, Fotos Gerd Krauskopf

 

Manchmal verbindet die Leidenschaft für das Reisen auch Menschen, die auf den ersten Blick so gar nicht zusammenpassen. Wie an diesem Tag in der Markthalle in Horta auf der Insel Faial, inmitten des Atlantiks. Zwischen Obst und Gemüse prallen auf der fünftgrößten Azoreninsel drei Lebens- und Reisekonzepte aufeinander, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. 

Maurice Meijer aus Freiburg betreibt dort seinen eigenen Marktstand, verfasst auf seiner Schreibmaschine in Portugiesisch, Deutsch, Englisch und Französisch spontane Gedichte. Der Poet mit seinem zerschlissenen Zylinder möchte nach Südamerika und finanziert seine Reise mit den Gedichten. Ein Lebenskünstler, der sich aber nicht nur auf die Poesie verlässt. „Wer wie ich reist, braucht mehrere Standbeine. Ich habe Erzieher gelernt und kümmere mich neben dem Dichten um die Kinder eines englischen Pärchens hier auf der Insel.“ Die Engländer kommen im Gegenzug für Kost und Logis des Freiburgers auf.Azoren

Gegen Mittag kommt die aus Hamburg stammende Katja an den Marktstand und holt ein Gedicht ab, das sie tags zuvor bestellt hatte. Die 61-Jährige lebt seit sieben Jahren auf der Insel, möchte eigentlich seit drei Jahren wieder nach Deutschland zurück. Sie hat es probiert, doch jedes Mal gingen ihre Arbeitgeber pleite. Es dauerte nicht lange, ehe erneut die magische Anziehungskraft der Azoren in ihr erwachte: „Am Ende landete ich doch wieder hier.“ 

Reisende ganz anderer Art kommen kurz danach mit dem Poeten, der im bürgerlichen Leben Erzieher ist, ins Gespräch. Es sind Gäste des Kreuzfahrtschiffs MS Hamburg. Wie Katja und Maurice wollen auch sie die Welt kennenlernen, wenn auch auf ganz andere, weit bequemere Art und Weise.

AzorenDie erfahrenste Weltreisende von allen liegt aber ein paar hundert Meter weiter am Pier festgezurrt. Das mit 400 Gästen kleinste deutsche Kreuzfahrtschiff, die Hamburg, ist bereits seit 26 Jahren auf den Weltmeeren unterwegs und kennt fast jeden etwas größeren Hafen. Sie fährt keine festen Schleifen wie andere Schiffe, sondern ist auf stetig wechselndem Kurs zwischen Alaska, Europa und Südamerika unterwegs. Ein echter Weltenbummler eben.

Die Azoren waren schon immer ein Einwanderungsland. Doch die gemäßigten Temperaturen mit im Sommer nicht über 24, im Winter nicht unter 17 Grad und die günstigen Lebenshaltungskosten locken inzwischen auch in der kühleren Jahreszeit immer mehr Urlauber. Die Inseln sind individuell sehr unterschiedlich. Nur auf Faial beispielsweise kann man täglich Azorendas einzigartige Panorama mit dem höchsten Berg Portugals, dem 2351 Meter hohen Vulkan Pico, auf der vorgelagerten gleichnamigen Insel bewundern. Pico ist von Faial aus in einer guten halben Stunde mit der Fähre zu erreichen. Ursprünglich stand die Insel nicht auf dem Ausflugsplan, doch ein aufkommender Sturm verhinderte das Auslaufen, so dass die MS Hamburg eine Nacht länger in Faial blieb. Graciosa fiel aus, dafür stand eben Pico auf dem Plan. 

„Eigentlich war das sogar besser so“, sagt Luis Manuel, der in Personalunion als Chef seines eigenen Verlages, als Berufsschullehrer und als Fremdenführer arbeitet: „Pico ist ohnehin die interessantere Insel.“ Die Möglichkeit, den Gipfel des Vulkans zu besteigen, lockt sportliche Urlauber. Interessant sind aber auch die langen Quadrate aus Natursteinmauern, in denen intensiver, aber mühsamer Weinanbau betrieben wird. Zudem durchquert die angeblich schönste Straße Portugals den zentralen Teil der Insel.

AzorenManche Gäste der MS Hamburg sind schon seit den Großen Seen Kanadas an Bord und fahren weiter in Richtung Kanarische Inseln. Die meisten anderen Besucher landen auf dem größten Flughafen der Azoren, in Ponta Delgada. Die Hauptstadt der Insel Sao Miguel ist ein quirliges Städtchen mit vielen Gebäuden im portugiesischen Stil und einem sehenswerten Stadttor aus dem 18. Jahrhundert und dem hübschen Renaissance-Rathaus „Câmara Municipal“ . Vor allem aber lohnt sich ein Ausflug zum verwunschenen Parque Terra Nostra. Der Park mit seinem stark eisenhaltigen Thermalbecken, in dem bei 38 Grad Wassertemperatur auch gebadet werden darf, ist ein einziges grünes Paradies. Man könnte stundenlang darin schlendern. 

Ein wenig gruselig ist dagegen der Abstieg in den Untergrund auf der Insel Terceira. Durch eine lange, betonierte Röhre führt der Weg zum mit Farnen bewachsenen Eingang der gewaltigen Vulkanhöhle Algar do Carvao. Es gibt nur wenige Plätze auf der Erde, wo es möglich ist, den AzorenGrund eines Vulkans zu betreten. Hier auf Terceira steigen die Besucher über Treppen 60 Meter tief bis zum Boden des Vulkans, zu einem von Regenwasser gespeisten kleinen See. Fast noch faszinierender ist aber der Wiederaufstieg durch den Schlund des Vulkans – und der Blick ganz nach oben. Durch das kreisrunde Loch über den Köpfen der Besucher wurde einst die Lava nach außen geschleudert.

Zurück auf dem Schiff lösen die Matrosen die Leinen, und die Hamburg fährt weiter in Richtung der Blumeninsel Madeira. Unterbrochen von einem Zwischenstopp in Porto Santo, der kleineren Porto SantoNachbarin der Blumeninsel. Im Gegensatz zu den großen Kreuzfahrtschiffen, wo Shows, Animation, Wasserrutschen oder Kart-Bahnen für ständige Unterhaltung sorgen, ist die Atmosphäre auf der Hamburg ruhig und entspannt. Einst fuhr das Schiff unter dem Namen C. Columbus für Hapag-Lloyd und wurde inzwischen mehrfach umgebaut. An Bord sind viele Stammgäste. Viele sind genau deshalb an Bord, da sie den Luxus schätzen, eine richtige Seefahrt zu genießen, statt eines Freizeitparks auf dem Wasser. Dass die Hamburg schon 26 Jahre auf dem Buckel hat, stört nicht im Geringsten. Trotz einer umfangreichen Renovierung vor zwei Jahren blieben ihr Charme, der erstaunlich große Pool und das Restaurant Palmengarten erhalten.Madeira

Manche Reisende an Bord, stellt sich nach ein paar Tagen heraus, verfolgen ein ähnliches Ziel wie Maurice, der Poet aus Horta. Sie haben 192 Tage an Bord gebucht und werden in ein paar Monaten in Südamerika ankommen. Maurice wird dann in die gleiche Richtung unterwegs sein. Auf anderen Wegen, an anderen Orten. Alles Weltreisende, nur auf ganz unterschiedliche Art und Weise. 

Weitere Informationen:

Die portugiesische Inselgruppe der Azoren liegt etwa 1400 Kilometer vom europäischen Festland und 1900 Kilometer von Nordamerika entfernt. Die autonome Region umfasst neun Inseln, die vom Tourismus noch wenig berührt sind. Zwar verkehren zwischen den Inseln regelmäßig Fähren, die einfachste Möglichkeit, möglichst viele Inseln zu besuchen, ist die mit einem Kreuzfahrtschiff. Bei der Buchung sollten Kreuzfahrer darauf achten, ein Schiff zu wählen, das wie die MS Hamburg auch die kleineren Häfen anlaufen kann. Größere Schiffe liegen zum Teil vor den Inseln vor Anker, die Gäste sind bei Landgängen in diesem Fall auf Tenderboote angewiesen. In Falle von hohem Seegang können die Gäste teils gar nicht von Bord.

Anreise: Ab Deutschland entweder mit Charterflügen direkt nach Ponta Delgada oder über Lissabon mit TAP Air Portugal. Tipp: Ab Lissabon fliegt auch Ryanair, eventuell lohnt sich eine Kombination der Flüge.

Die MS Hamburg erreicht die Azoren auf wechselnden Routen von Südamerika, den großen Seen in Nordamerika oder von Deutschland kommend.

Beispiel: 6. bis 18. April 2023: 13 Tage Osterkreuzfahrt von den Azoren nach Hamburg ab 1981 Euro inklusive Flug und Verpflegung. Infos: www.plantours-partner.de, Tel. 0421/173690.

Azoren

 

Cookie-Einstellungen l Powered by: AOS - Admin in Eislingen - Homepages vom Fachmann
Menschen, Reisen, Abenteuer